Willkommen beim Thünen-Agri-GHG-Tool

Das Tool besteht aus mehreren Schnittstellen (API), die Berechnungsmöglichkeiten für einzelbetriebliche Klimabilanzen auf Basis der Modelle, Ansätze und Tools der nationalen Treibhausgasberichterstattung ermöglicht.
Im Konkreten gibt es eine Schnittstelle zur:

  • Berechnung von Methan und Lachgasemissionen basierend auf dem Modell Py-GasEM
  • Berechnung von Emissionen in Mineralböden basierend auf dem Roth-C-Modell
  • Berechnung der energiebedingten Emissionen auf dem Betrieb (noch nicht als API verfügbar)
  • Berechnung von Emissionen aus organischen Böden (noch nicht als API verfügbar).

Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die Modelle und Module, die über die Schnittstelle zugänglich sind.

Berechnung von Methan und Lachgasemissionen

Das Thünen-Institut hat für die Erstellung der nationalen Emissionsinventare das Modell Py-GAS-EM entwickelt, welches die internationalen Vorgaben für die Berichterstattung umsetzt. Die im Modell implementierten Methoden und die Ergebnisse der Berichterstattung werden regelmäßig durch internationale Experten im Auftrag der Vereinten Nationen und der Europäischen Union begutachtet. Das Modell bildet auch die methodische Grundlage für den „Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen“ (BEK). Das Modell Py-GAS-EM wurde nun für die Berechnung einzelbetrieblicher Klimabilanzen erweitert und steht mit der Schnittstelle als Backend-Version zur Verfügung. Das Modell wird jährlich aktualisiert und die Methoden sind ausführlich dokumentiert.

Bildquellen:
Verdauung, Stall: Thünen/C. Deblitz
Vergärung: Thünen/ M. Welling
Ausbringung: BLE/ P. Meyer
Erntereste: Preiss Fotos
Weidegang: Thünen/ R. Fuß
Lagerung: Wikipedia

Emission und Senken in Mineralböden

Die Berechnung von Veränderungen von Bodenkohlenstoffvorräten ist ein zentraler Baustein in landwirtschaftlichen Treibhausgasbilanzen, um Emissionen oder Senken für Kohlenstoff-CO₂ abzubilden. In der nationalen Treibhausgasberichterstattung erfolgt dies mit den für landwirtschaftliche Böden in Europa validierten Roth-C in einer für Deutschland optimierten Version (Dechow et al. 2019). Der Name Roth-C steht für ‚Rothamsted Carbon Model‘ und dieses Modell wird weltweit für Bodenkohlenstoff-Modellierungen angewandt (FAO, 2020). Entscheidend für die erfolgreiche Anwendung dieses Modells sind die Allokationsfunktionen, mit denen die im Modell benötigten Kohlenstoffeinträge in den Boden in Form von Pflanzenrückständen, Wurzeln und organischen Düngern berechnet werden (Jacobs et al. 2019). Mit dem RothC-Modellsystem können Bodenkohlenstoffvorratsänderungen mit verschiedenen Maßnahmen auf frei drainenden Mineralböden in Deutschland standortspezifisch abgebildet werden. Da Bewirtschaftung und Landnutzung sich langsam und langfristig auf die Bodenkohlenstoffvorräte auswirken, sind mindestens vier Jahre an Bewirtschaftungsdaten wie Fruchtfolge, Erträge und organische Düngung als Eingangsdaten nötig, besser noch längere Zeitreihen. Das Modellsystem befindet sich in ständiger Weiterentwicklung und noch nicht alle wichtigen Maßnahmen zum Aufbau von Bodenkohlenstoff sind momentan abbildbar.
Für die Charakterisierung des zu modellierenden Bodens ist der Tongehalt und der initiale Bodenkohlenstoffvorrat als Eingangsgröße nötig. Diese beiden Variablen können mit dem Thünen-Agri-GHG-Tool aus Geodaten abgeschätzt werden, die auf Daten der nationalen Bodenzustandserhebung Landwirtschaft und Satellitendaten basieren (Brög et al. 2024). Dadurch sind Bodenbeprobungen und Analysen keine Voraussetzung für die Anwendung des Tools. Zusätzlich werden auch standortspezifische meteorologische Daten in dem Modell genutzt, die anhand der Schlagkoordinaten toolintern bereitgestellt werden. Im Ergebnis entstehen Bodenkohlenstoffbilanzen und -trends, die herkömmlichen Humusbilanzierungsmethoden weit überlegen sind, weil sie so wie Bodenkohlenstoff selber standortspezifisch und dynamisch sind.

Agrargehölze und deren Kohlenstoffbildung

Agrargehölze umfassen traditionelle Formen, wie Hecken und Feldgehölze, aber auch moderne Agroforstsysteme. Hecken machen etwa 2% der deutschen landwirtschaftlichen Flächen aus und speichern dort pro Hektar ebenso viel Kohlenstoff wie in Wäldern. Die Neuanlage von Agrargehölzen führt deshalb zu einer Kohlenstoffbindung und –senke in der oberirdischen Biomasse und in Wurzeln und auch als zusätzlicher Bodenkohlenstoff (Drexler et al. 2022). Damit sind neue Agrargehölze eine effektive Maßnahme um CO₂-Emissionen zu reduzieren und landwirtschaftliche Treibhausgasbilanzen zu verbessern. Deren Abbildung ist in dem Thünen-Agri-GHG-Tool vorgesehen in enger Anlehnung an die nationale Treibhausgasberichterstattung im Sektor Landnutzung. Zu den Agrargehölzen gehören auch Sonderkulturen wie z.B. Weinbau, Obstbau und Weihnachtsbaumplantagen.

Emissionen aus organischen Böden

Die Treibhausgasemissionen aus Moorböden machen in Deutschland rund 50 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente aus und sind damit eine der wichtigsten Quellen für landwirtschaftliche Treibhausgasemission. Deshalb ist die Berücksichtigung dieser Emissionen in landwirtschaftlichen Treibhausgasbilanzen essentiell, sofern Moorböden vorhanden sind, um umfassend, transparent und zielgerichtet Treibhausgasemissionen einzuordnen. Fast alle landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland sind momentan mehr oder weniger stark entwässert und emittieren deshalb große Mengen CO₂, aber auch N₂O. Die emittierte Menge an CO₂ ist dabei direkt abhängig von der Entwässerungstiefe, also dem Grundwasserspiegel in den Böden. Ackerflächen sind oft tiefer drainiert und haben deshalb im Mittel höhere Emissionen als Grünländer, die weniger stark drainiert sind. Da auf Betriebsebene unzureichende Informationen über den Grundwasserstand der Moorböden vorliegen, wird im Thünen-Agri-GHG-Tool der Grundwasserstand abgeschätzt analog zur Methodik der nationalen Treibhausgasberichterstattung (Tiemeyer et al. 2016). Maßnahmen zur Reduzierung dieser Emissionen umfassen immer die teilweise oder vollständige Wiedervernässung und dadurch Anhebung des Grundwasserstandes und sind noch nicht vollumfänglich im Thünen-Agri-GHG-Tool abbildbar. Unsicherheiten bestehen insbesondere bei der Abschätzung der Grundwasserstände und deren jahreszeitliche Schwankungen. Daran wird noch gearbeitet, um möglichst moorboden- und standortspezifisch Wiedervernässungsmaßnahmen abbilden zu können.

Energiebedingte Emissionen

Für die Abbildung der energiebedingten Emissionen unterscheiden wir gemäß dem Greenhouse-Gas-(GHG)-Protokoll nach Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen:

  • Scope 1-Emissionen sind direkte Emissionen, die auf dem Betrieb entstehen, wenn flüssige, gasförmige oder feste Brennstoffe in Maschinen und Geräten des Betriebes genutzt werden. Hierunter fallen beispielsweise die Emissionen aus der Verbrennung von Diesel in Traktoren oder aus der Verbrennung von Erdgas in Heizungen.
  • Scope 2-Emissionen sind indirekte Emissionen, die während der Verbrennung von zugekaufter Energie entstehen. Hierunter fallen vor allem die Emissionen, die bei der Stromerzeugung entstehen. Sofern Betriebe Wärme beispielsweise über ein Wärmenetz zukaufen, fallen auch die dabei entstehenden Emissionen unter Scope 2. Sie werden nach dem Greenhouse-Gas-Protokoll gesondert berichtet, da sie in vielen Industriebetrieben eine Hauptansatzstelle für Emissionsreduktionen sind.
  • Scope 3-Emissionen: Hierzu gehören alle anderen indirekten Emissionen aus den Vorketten des Betriebes. Von den energiebedingten Emissionen fallen hierunter beispielsweise Emissionen, die für den Raffinationsprozess des Diesels oder der Förderung der Kohle für die Stromerzeugung anfallen. Weiterhin fällt auch der Diesel vom Lohnunternehmer unter Scope 3, wenn dieser nicht explizit auf der Rechnung ausgewiesen wird.

Für die Emissionsbewertung erfassen wir sämtliche Energieverbräuche auf dem Betrieb und differenzieren folgende Arten der Energieverbräuche:

  • Kraftstoffe: Die Verbräuche der einzelnen Kraftstoffe auf dem Betrieb werden erfasst. Zugekaufte Lohnarbeiten werden berücksichtigt, indem die dafür insgesamt notwendigen Kraftstoffmengen oder die einzelnen vom Lohnunternehmer durchgeführten Arbeitsgänge erfasst werden. In gleicher Weise werden die vom Betrieb durchgeführten überbetrieblichen Arbeiten vom betrieblichen Kraftstoffverbrauch abgezogen.
  • Wärmebereitstellung: Alle auf dem Betrieb verbrauchten Energieträger und -mengen zur Wärme- und Kälteerzeugung werden erfasst. Für extern getrocknetes Erntegut wird der Energiebedarf anhand der zu trocknenden Ware und der Feuchtegehalte bestimmt. Dies erfolgt in gleicher Weise, wenn der Betrieb Ernteprodukte für andere Betriebe trocknet.
  • Strom: Die vom Betrieb verbrauchten Strommengen werden erfasst. Dabei wird zwischen zugekauftem Strom über das Stromnetz sowie zwischen selbst erzeugtem oder zugekauftem erneuerbaren Strom unterschieden.
  • Energiebedarf Bewässerung: Sollte der Energiebedarf für die Bewässerung nicht bereits im Kraftstoff- oder Stromverbrauch des Betriebs enthalten sein, wird der Energiebedarf für die Bewässerung anhand der Art der Bewässerung sowie der Beregnungsmenge bestimmt.

Aus den Energieverbräuchen werden die THG-Emissionen abgeleitet, indem die jeweiligen Mengen der verbrauchten Energieträger mit ihren jeweiligen Emissionsfaktoren multipliziert werden. Hierfür werden mit dem BEK abgestimmte Emissionsfaktoren verwendet.

Mögliche Emissionseinsparungen auf anderen Betrieben, beispielsweise durch den Verkauf von PV-Strom oder Biogasabwärme werden in Anlehnung an das GHG-Protokoll nicht berücksichtigt, da die daraus resultierende Emissionseinsparung bei den zukaufenden Betrieben berücksichtigt wird und es sonst zu einer doppelten Anrechnung kommt.


Referenzen

Broeg, T., Don, A., Gocht, A., Scholten, T., Taghizadeh-Mehrjardi, R., & Erasmi, S. (2024). Using local ensemble models and Landsat bare soil composites for large-scale soil organic carbon maps in cropland. Geoderma, 444, 116850. doi:https://doi.org/10.1016/j.geoderma.2024.116850

Dechow, R., Franko, U., Kätterer, T., & Kolbe, H. (2019). Evaluation of the RothC model as a prognostic tool for the prediction of SOC trends in response to management practices on arable land. Geoderma, 337, 463-478.

Jacobs, A., Poeplau, C., Weiser, C., Fahrion-Nitschke, A., & Don, A. (2020). Exports and inputs of organic carbon on agricultural soils in Germany. Nutrient Cycling in Agroecosystems, 118(3), 249-271. doi:10.1007/s10705-020-10087-5

Peralta, G., Di Paolo, L., Luotto, I., Omuto, C., Mainka, M., Viatkin, K., & Yigini, Y. (2022). Global soil organic carbon sequestration potential map (GSOCseq v1. 1)–Technical manual: Food & Agriculture Org.

Tiemeyer, B., Albiac Borraz, E., Augustin, J., Bechtold, M., Beetz, S., Beyer, C., . . . Zeitz, J. (2016). High emissions of greenhouse gases from grasslands on peat and other organic soils. Global Change Biology, 22(12), 4134-4149. doi:https://doi.org/10.1111/gcb.13303